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Öcher Platt
Von Dr. Peter Kickartz
Aachener Kraft-
Aachener haben ein eigenes Verhältnis zu ihren Kraft-
Freilich scheint über den liebevoll -
Meine Mutter, in Wittgenstein mit ihrer Wittgensteiner Mundart aufgewachsen und mit einem Öcher verheiratet, der sein Platt und dessen Kraft-
Es war in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts. In unserem Ladengeschäft trafen sich oft zwei Handelsvertreter, die für ihr Großhandelsunternehmen die Bestellungen meiner Mutter entgegennahmen. Sie klopften sich manchesmal leutselig auf die Schulter, und der eine sagte dabei: „Ah, aue Makroe !" Diesen Gruß erwiderte der andere ebenso herzlich mit „Ah, aue Makrittel!" Dem lauschte aufmerksam Christel, das Lehrmädchen aus Berleburg. Sie begriff, daß die beiden sich kumpelhafte Sympathieerklärungen widmeten. Ach! Hätten sie doch nur so etwas gesagt wie: „Ah, du alter Gauner!“ Dies hätte dem freundschaftlichen Einvernehmen ebenso entsprochen, Christel mit ihrem ehrenfesten Wittgensteiner Sprachverständniss vom Nachsprechen aber abgehalten. So fühlte sie die atmosphärische Harmonie, ahnte indes nicht den Wortsinn der beiden Streichelworte.
An einem Samstagvormitttag, der Laden stand voller Kunden, betrat Christels Jugendschwarm, Siegfried, das Geschäft. Wie schlug ihr Mädchenherz, wie schwebte sie ihm entgegen!. Und so jubelte sie Siegfried zu: „Ah, aue Makrittel!“ Der Laden erstarrte, bis einer der Kunden die Lage erfasste und sich die Sprachlosigkeit in allgemeine Heiterkeit verwandelte.
Woher eigentlich rührte die Skepsis meiner Mutter? Die beiden Schwadroneure fidibusterten häufiger, so, wie Öcher sich dem Genuss ihrer Sprache hinzugeben pflegen. Und so fiel im Zusammenhang mit der Rede von einem "Törchen" einst auch das Wort "Poppepöetzje." Meine Mutter ließ sich dazu hinreißen zu sagen: "In unserem Garten haben wir auch so ein 'Poppepöetzchen." -
Zugunsten meiner Mutter möchte ich hier aber nicht unerwähnt lassen, dass auch den sofort zu rühmenden Wörterbüchern für Öcher Platt über "Popp" und "poppe" nicht mehr einfällt als "Puppe" und "(Fertigen von Zigarrenrohlingen)", auch im Wörterbuch ohne weiteren Zusatz -
*
Und so halte ich denn einige Kraft-
Karl Allgaier, Meinolf Bauschulte, Richard Wollgarten, Neuer Aachener Sprachschatz auf der Grundlage des Werks von Will Hermanns. 1. Auflage. Hgg. vom Verein Öcher Platt e.V. Aachen: 2010. Dieses Werk hat einen beeindruckenden Vorgänger: Will Hermanns, Aachener Sprachschatz. Wörterbuch der Aachener Mundart. Bd. I (A -
Dabei habe ich aus diesen Werken Übertragungen ins Hochdeutsche übernommen und auch den Wortbestand meiner eigenen Erfahrung ergänzt. Mit einem Wort aus dem Öcherdütsch verbinden wir zwar oft Vorstellung, aber keine Übertragung ins Hochdeutsche. Das sei an drei Beispielen erläutert.
„Elftrappejesech“ ist das Gesicht, das der Delinquent zu machen pflegte, der an den elf Treppenstufen stand, die ehedem am Rathaus hinauf zum Galgen führten, und der dort das Urteil erwartete. „Elftreppengesicht“ hat heute selbst für Öcher nicht mehr diesen Bezug, und so übersetzt das Wörterbuch angemessen mit „Armsündergesicht“.
Unter einem „Tünnes“ oder “Fottes“ stellt man sich zwar etwas vor, die Wörter sind aber kaum ins Hochdeutsche zu übersetzen und so habe ich denn aus dem Wörterbuch übernommen, was dort zu finden ist: „Kleingeistiger“ und „Tölpel. Die mundartlichen Worte sind freilich durchaus ausdrucksstärker.
Und wie soll man übertragen, was ein „Paasemander“ ist? Man mag raten, dass sich dieses Wort aus "Man(n)dere" (=Männer) und passer (= vorübergehen) zusammensetzt. So gesehen könnte es sich mit seiner Entstehung folgendermaßen verhalten. Die belgische Besatzung soll nach dem ersten Weltkrieg von den Aachenern verlangt haben, die belgischen Offiziere im Vorübergehen zu grüßen. Die "Paasemandere" wären danach "Grußkasper", was auch der Einschätzung entsprechen würde, die die Aachener im übrigen den belgischen Soldaten entgegenbrachten. Übrigens: Diese Sicht galt in erster Linie den französisch sprechenden Wallonen. Ich räume ein: Die Deutung ist abenteuerlich, den Aachenern ist eine derartige Entstehungsgeschichte allerdings zuzutrauen. Mit ihrer weltläufigen Beehandlung fremder Sprachen, besonders des Französischen, hatten sie bereits anläßlich des Besuches von Napoleon den herrschaftlichen Begriff "l 'empereur" seinem Klange nach in den Aachener Sprachschatz eingemeindet und dem Kaiser mit dem ZUruf "Lamperöhr" gehuldigt. "Paasemander" enthält auch ohne die spekulative Entstehungsgeschichte alles, was ein alter Aachener Abfälliges über die Begier denken und fühlen mochte, über jene Belgier, die sich nach dem ersten Weltkrieg als Besatzung unbeliebt gemacht hatten. Eine unmittelbare Übertragung für dieses Wort, das seinen Inhalt vom Klang der Stimme, von Gestik und Mimik des Sprechers erhält, gibt es nicht; und so kann man nur hoffen, dass die Übersetzung mit "wallonischer Nichtsnutz“ einigermaßen trifft, wobei gerade die Einschätzung dessen, was für den Sprecher einen „Wallonen“ ausmacht, mitklingt. Um unseren belgischen Nachbarn gerecht zu werden, möchte ich heute, im Jahre 2013, anfügen: Nach dem zweiten Weltkrieg haben sich die Belgier in Aachen -
Die Wiedergabe der Kraft-
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Pflichtgemäß möchte ich dem geneigten Leser wie erforderlich –gewissermaßen im Kleingedruckten – noch eine Warnung anvertrauen. Meine Einschätzung der Aachener Kraft-
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Wer Ergänzungen beisteuern kann, kritische Bemerkungen oder Zuspruch anbringen möchte, sollte seinem Drang folgen. Das Kontaktformular und meine E-
A
Au, aue -
B
Barekopp
(Bar – Steingut-
Bavian
(Pavian), plumper Kerl, Großmaul, Quatsch-
Beddelsmann
armseliger Mann
Beddelsmatant
armseliges Weib
Beddelswiiv
Bettelweib (abwertend)
Behäitskriemer
Großsprecher, Prahlhans, Aufschneider, Phantast (Behäi – Prahlerei,
Geschwätz, Aufschneiderei, „Wind machen“)
Ähnlich: Behäits kopp, Be -
Bejaadekopp
Irrer (ejjen Bejaade – im Irrenhaus, der Alexianer)
Beschütt
(Zwieback), Dummkopf
Beschüttebüll
(Zwiebacksbeutel), männlicher Dummkopf, (Beschütt und Büll, s. dort)
Blötschkopp
(Beulenkopf), Dummkopf, Tölpel
Büll
(Beutel) z.B. „aue Büll“ , „fiese Büll“; otzur Verstärkung von
Bezeichnungen (abfällig oder liebevoll)
für Männer, z.B. Knaatschbüll, Polis -
(Schornsteinfeger) u.s.w
Breijmull
Breimaul, Schwätzer; z.B. auch Breijan („Brei-
Breijma -
Brejwellem (Brei-
Schwätzer. „ Hau ding Breijmull!“
D
Drecksack
Scjmutzfink, armseliger Kerl; unanständiger, übler Zeitgenosse. Ähnlich: Dreckfenk, Dreckferke,
Dreckschnüzz, Drecksfrommesch, Drecks-
Drickes,
domme Drickes – (dummer Heinrich) Dummkopf; fulle Drickes -
Drömfott
(Träumarsch) Träumer (dröime – träumen)
Drööemeldier
(schläfrig arbeitendes Tier), unentschlossener, langweiliger Mensch. Ähnlich:
Dröömeler, Drööeseler
Duemjroef
Lausewanst, Taugenichts, Bengel
Dusselkopp
Duselkopf, gedankenloser Mensch; ähnlich Dusseldier
E
Elftrappejesech – „Elftreppengesicht“, Armsündergesicht (von den elf
Treppenstufen am Rathaus, die zum Galgen führten)
F
Falldera – Leichtfuß
Fantass – Phantast Spinner
Fennijesfötzer – ( Pfennigsfurzer) Geizkragen, Knauser (auch: Fenneksfötzer)
Ferkenswellem – (Schweine -
Filue – Gauner, Schuft, Heimtücker
Flabbes -
Flabbines – Hanswurst, alberner Mensch
Fleddig, fleddelig, fleddije – (flätig) schmutzig, nachlässig, unflätig („Deä hat en fleddije Mull ajene Kopp; oft nicht so stark, z.B. fleddelije Wenkbüll; zur Verstärkung anderer Kraftworte); ofleddig – unflätig, häßlich („Du haß en ofleddije Mull.“)
Föttchesföihler – (Arschfühler) Grapscher,
Fottes – Dummkopf, Tölpel
Fotteklätscher – (Gesäßklatscher) Steißtrommler, Lehrer
Fotteluures – vgl. Fottlouch
Fottfenger – Arschfinger
Fottjesech -
Fottklöiel – Tölpel, Dummkopf
Fottloch, Fott(e)louch -
Fottverflokt -
Fullig -
Fuutel – betrügerisches Weibsmensch
Fuuteler – Pfuscher, Betrüger
H
Hoddelekriemer – (Lumpenhändler), schlecht Gekleideter
Hoddelemull -
Hölleböll(es) – schwerfälliger Mensch
Horiiß, Huuriiß -
Jecket – Hansnarr
K
Kabänes – füllige, klotzige Person oder Sache
Klüttekopp – (Kohlenkopf) Tölpel
Kluumel – unsaubere, nachläsige Weibsperson; auch : Knumel
Knaatschbüll – Quengeler (ähnlich: Knatschkopp)
Kniisbüll – (Zankbeutel), Stänkerer; auch Geizhals
Kniiskopp -
Kniisuhr -
Kniisterbüll -
Knallkopp -
Knotterpott, Knotterbüll – mürrischer Mannsperson, Nörgler
Knuddelebäcker, Knuddel -
Knüllebüll -
Krauvouel -
Krötsch – kleine Kerl
Kuutenelles -
Kuutejong – Rotzbengel; Kuutejöngsje -
zase
L
Labbes – (Laffe) Lümmel, einfältiger Mensch, großgewachsener Junge (wie Lööres)
Lööres – großgewachsener Junge (mit zärtlichem Unterton)
M
Makroe – Zuhälter
Makrittel – kleiner Zuhälter
Mullefluppes – ein Redseliger, Schwadronör; auch: Mullefluppet
Mullejan -
N
Naserines -
Nieres -
O
Oes – (Aas) Luder, domm Oes, (kann auch löblich gebraucht sein)
Ömstandskriemer – (Umstandskrämer) umständlicher Mensch
P
Paijas, Pajass
Hanswurst
Panschhonk
Geizhals (ähnlich: Panschet – eigennütziger, nur auf seinen Bauch – Pansch –
bedachter Mensch, Panschjan, Panschjüdd, Panschjelles, Panschsack)
Paasemander
ein unordentlicher Nichtsnutz, ein nichsnutzgerWallonen
(veraltet)
Pappmull
vgl. Hoddelemull
Penneksfötzer
vgl. Fennijesfötzer
Piiemel
(Pimmel),-
Piif, Piifekopp
(Pfeifenkopf) Pfeife-
Pitt
„Peter“; aber auch i.S. von Krau (Ecke-
Pittebär
vgl. Krauvouel
Plackkopp
Geizhals
Plentelöifer
Asozialer (Plent – Fußleiste)
Prent
stif Prent, „steife Printe“, ein steifer Mensch
Pratschmull
(Schlammaul) Breimaul (ähnlich: Breimull)
Prüttschmull
Schandmaul
Prüttschmamsell
dickes, watschelndes Weib
unbeholfene Watscheltrine
Puffelebäcker
liebevolle oder spötische Bezeichnung für Bäcker
Pummel
dickes Mädchen
R
Reänpitt,Reänvouel
Regenpeter, Regenvogel, Tagedieb, Strolch
S
Schatull
au Schatull alte Schachtel, alte Frau
Schauter
Spaßvogel, Tölpel
Scheäl
Schielauge
Scheijf
schiefer Lump
Schennoes
„Schindaas“, Schalk
Schlaatevouel, Schlaat
Salatvogel, Schlaumeier
Schlampampel
nachlässige Person
Schlaatemull, Schlaat
(Salatmaul), Plappermaul
Schlubbejupp, Schlubb
(Pantoffeljosef) ein Mann ohne Energie
Schrappnell
(wohl Granate), abfällige Bezeichnung für „grantige“ „granatige“,
energische Weibsbilder
Stief
steifer Klotz
Schussel
gedankenlose Person
Schwadlapp
Schwätzer
Stüütebüll
Aufschneider
Stenkbüll
Stinker
Schwadronöör
Großmaul
T
Tünnes
ein Kleingeistiger
Tüütedriehner
(Tütendreher), Faulpelz
Tuppes Dummkopf, ein Kleingeistiger
V
Vollet
Voller, Betrunkener
W
Waschwiev
ooet Waschwiev „altes Waschweib“, Schwätzerin
Wenkbüll
(Windbeutel), Luftikus